In meiner Vorstellung waren es stets die anderen, die nach Hawaii gingen. Die schnellen, starken und austrainierten Athleten. Und plötzlich war ich selbst dort. Im Grunde doch nicht so ganz plötzlich, denn es war ein langer Weg bis es so weit war.
Um an der Weltmeisterschaft für den Ironman Hawaii auf der Langdistanz starten zu dürfen musste ich mich zunächst bei einer anderen Langdistanz von Ironman qualifizieren. Im Grunde kommt jedes Langdistanzrennen weltweit in Frage, sollte jedoch nicht zu knapp vor dem Termin am 11.10. liegen, damit ich mich erholen und erneut vorbereiten konnte. Außerdem war die Überlegung bei welchem Rennen ich auch wirklich konkurrenzfähig sein konnte, um Chancen auf den WM-Slot zu haben.
Ich entschied mich für den Ironman Austria in Klagenfurt, der zwar mit 1800 hm deutlich mehr Höhenmeter aufweist als die meisten anderen Rennen, jedoch daher auch sehr selektiv sein konnte. Außerdem ist es wunderschön im Wörthersee zu schwimmen, im Kärntner Umland zu radeln und durch Klagenfurt und am See entlang zu laufen.
Die Qualifikation verlief einigermaßen glatt trotz heißen Temperaturen und ich konnte den Slot ohne Rolldown mit nach Hause nehmen. Alles erschien immer noch surreal, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt den Coin und den Zettel für die Qualifikation in Händen hielt.
Also hatte ich gute Gründe weiter zu trainieren, dranzubleiben und in eine sehr lange Saison zu gehen.
Das Motto des Rennens in Kona war Ho’okaika, was Resilienz bedeutet. Das entspricht genau dem, was außer Ausdauer noch nötig ist, um teilnehmen zu können.
Der Renntag begann mit Regen und der Pazifik war zum ersten Mal richtig wellig. Das war natürlich nicht das, was ich mir gewünscht hatte, zumal ich in der allerletzten Startgruppe befürchtete, dass die Wellen eher noch zunehmen würden. Zugegeben, es heißt Ironman und nicht Luschenman.
Der Startschuss für die AK W45-49 fiel schließlich auch und ich habe mich durch die Wellen durchgepflügt, Wasser geschluckt und andere Schwimmerinnen überholt. Zum Teil bin ich an anderen Badekappenfarben vorbeigeschwommen, was für mich bedeutete, dass ich Athletinnen aus vorher gestarteten Gruppen überholt habe. Beim Schwimmen sieht man zwischendurch immer wieder Fische und bei etwas Glück auch Delfine.
Dank scheuerndem Swimskin hatte ich eine große aufgeriebene Stelle am Nacken, die ich dann tagelang als Andenken mit mir rumtrug.
Nach 1:14:43 habe ich die Wechselzone wieder erreicht, um zunächst Salzwasser abzuwaschen und mich für die lange Radfahrt zu wappnen.
Die Stecke auf Hawaii hat immerhin 1700 hm und der Wind kann ziemlich fies werden. Auch vor den Böen hatte ich allergrößten Respekt, da es leicht passieren kann, dass man die Kontrolle verliert. Geduld, Konzentration und Einteilen der Kräfte war mir wichtig und das hat sich ausgezahlt als ich satten Gegenwind auf den letzten 40 km zu spüren bekam und noch ein paar Körner für die letzten km übrig hatte.
Das Radfahren lief nicht so wie erwartet, weil mir die Verpflegung immer wieder Probleme machte unten zu bleiben, wo sie sein sollte. Dennoch erreichte ich auch hier die Wechselzone. Die Radzeit wurde mit 6:06:39 gemessen.
Jetzt hatte ich eigentlich keine Lust mehr, aber wie war das mit der Resilienz, Durchhaltevermögen und der Erfüllung eines Traums?
Also, weitermachen!
Zum Glück gibt’s Cola und Eis auf der Laufstrecke, meine zwei Freunde auf langen, heißen Strecken. Meinem Magen ging es dann zum Glück wieder besser und nachdem ich zu diesem Zeitpunkt erfahren habe, dass schon zwei Top-Athletinnen ausgestiegen waren, habe ich mir vorgenommen, lieber langsam zu finishen, als schnell aufgeben zu müssen.
Es war heiß und da war trinken und kühlen oberste Priorität, was auch ordentlich Zeit kostete.
Nach 4:16:48 bin ich dann unter dem Zieltor am Alii-Drive durchgelaufen und war froh diese lange Reise erfolgreich, gesund und ohne größere Hindernisse beendet zu haben.
Meine Zielzeit ist mit 11:53:02 unter 12 h geblieben und damit ungefähr das, womit ich gerechnet hatte.
Es war eine lange Reise über die Trainingsvorbereitung, die persönlichen Höhen und Tiefen, die Selbstzweifel und manchmal auch die völlige Verzweiflung, alles über Bord zu werfen.
Für mich hat es sich gelohnt der Erfahrung und des Erlebnisses wegen teilzunehmen. Ein Zieleinlauf bei Dunkelheit war für mich neu, auf einem Highway zu laufen, war ebenfalls sehr besonders. Abseits des Wettkampfs hat für mich die Begegnung mit den vielen Menschen die wichtigste Rolle gespielt, in der es um Gemeinschaft, das natürliche Verständnis für Nervosität und Herausforderung und vor allem das gemeinsame Erleben eines Traums geht.
Mit einem herzlichen Aloha und Mahalo an alle, die mitgefiebert haben.
Verena Lipps






